Trauer leben, Erinnerungen teilen
Seminarangebote für verwaiste Familien
Nicole Nies | Stellvertretende Leiterin der Deutschen Kinderhospizakademie
Das Angebot von Trauerseminaren hat in der Deutschen
Kinderhospizakademie schon eine lange Tradition. Seit mehr
als 15 Jahren werden im Deutschen Kinderhospizverein Trauer
seminare — inzwischen Erinnerungsseminare — für Familien
angeboten, deren Kind bereits verstorben ist. Oft fanden und
finden diese Angebote in Kooperation mit anderen Vereinen,
LEONA e.V., Leben ohne Dich oder dem JoMa-Projekt e.V. statt.
Diese Form der Zusammenarbeit hat sich sehr bewährt.
Das Angebot der Erinnerungsseminare im kinderhospizlichen
Kontext für verwaiste Familien füllt eine Nische aus. Durch
die Zusammenarbeit der Vereine werden wesentlich mehr
Familien erreicht und können dadurch die Angebote wahrnehmen.
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Dass diese Angebote eine Nische bedienen ist auch
daran gut erkennbar, dass einige Familien sehr weite
Strecken auf sich nehmen, um an den Seminaren teilnehmen
zu können.
Hier wird auch sichtbar, weshalb die Beschäftigung mit der
eigenen Trauer um das verstorbene Kind nicht nur unmittelbar
nach dem Tod, sondern auch nach vielen Jahren enorm
wichtig sein kann. Die Familien schöpfen neue Kraft daraus,
mit anderen betroffenen Familien die Erinnerungen an ihre
verstorbenen Kinder zu teilen und die Kinder in die Mitte zu
holen.
Nachdem in den Anfängen mit dem Fokus auf die Trauer
entsprechend Trauerseminare angeboten wurden, kamen
immer wieder Familien auf die Akademie zu, deren Kinder
schon vor längerer Zeit verstorben sind, mit dem Wunsch
nach Seminaren, bei denen sie ihrer verstorbenen Kinder
gedenken können. Sie könnten aber nicht mehr von akuter
Trauer sprechen und fühlten sich durch den Begriff
„Trauerseminare“ nicht angesprochen. Aus diesem Bedürfnis
heraus sind dann „Erinnerungsseminare“ entstanden. Hier
treffen sich Familien, bei denen der Tod der Kinder schon
mehrere Jahre zurückliegt, aber auch Familien, in denen
ein Kind vielleicht erst vor einem Jahr gestorben ist. Diese
Konstellation birgt mehrere positive Besonderheiten. Die erst
kürzlich verwaisten Familien sehen bei anderen, wie es möglich
ist, sein Leben fortzuführen und die Erinnerung an das
verstorbene Kind wach zu halten. Familien, in denen ein Kind
schon vor längerer Zeit verstorben ist, treten wiederum mit
anderen in einen Austausch und können sich noch mal zurückerinnern,
wie die letzten Jahre, Wochen oder auch Stunden
mit dem verstorbenen Kind erlebt wurden. Hier bekommen
sie nicht das Label „Lass doch endlich
los, es ist doch schon so lange
her!“, wie es einige Eltern aus
ihrem Umfeld berichten.
Vielmehr haben die Erinnerungen
einen festen Platz
und die Familien werden
bestärkt darin, einen je
eigenen Weg der Trauer
und der Erinnerung zu
suchen.
Das Angebot der Erinnerungsseminare
wird auch in Zukunft
fester Bestandteil des Programms der
Deutschen Kinderhospizakademie sein, um neuen Familien
und auch denen, die bereits seit einigen Jahren die Seminare
besuchen, eine feste Anlaufstelle für ihre Erinnerungen und
das Gedenken an die verstorbenen Kinder zu bieten.