Ausblick
Der Rückblick auf die letzten 15 Jahre Bildung
in der Kinder- und Jugendhospizarbeit legt
nahe, einen Ausblick auf die nächsten zehn
Jahre zu wagen. Wo wird die Deutsche
Kinderhospizakademie stehen, wenn sie ihr
25jähriges Bestehen feiert?
Wenn auch seit Gründung der Deutschen Kinderhospizakademie
ein weiter Weg zurückgelegt wurde, so steckt die
Idee der Bildung in der Kinder- und Jugendhospizarbeit noch
in den Kinderschuhen. Wie können Bildungsveranstaltungen
Menschen dabei unterstützen, ein Leben zu meistern, in dem
das Bewusstsein von Sterben, Tod und Trauer offen oder verborgen
stets präsent ist? Was für eine Bildung muss das sein,
die über die Zufälligkeit der Begegnung Betroffener hinaus
systematisch Möglichkeiten eröffnet und für das Leben
wertvolle Gedanken vermitteln kann?
Eine Bildungsveranstaltung gleichwelcher Disziplin kann dann
als gelungen betrachtet werden, wenn die Menschen, die an
ihr teilgenommen haben, wenigstens eine Idee, einen Gedanken,
eine Erkenntnis oder Erfahrung mit nach Hause nehmen,
die in ihrem Leben Veränderung schafft. Das mag eine neue
Sichtweise des Lebens sein, ein neuer Impuls zu handeln, eine
Idee davon, wie Leben fruchtbarer gestaltet werden kann —
vielleicht auch nur die Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu
sein.
Während Bildung für Menschen mit Behinderung unter verschiedenen
Titeln an Hochschulen etabliert ist und viele junge
Menschen hierin qualifiziert werden, hat die Bildung im
Hospizbereich noch keinen Platz im akademischen Feld. Sie
kann zur inhaltlichen Gestaltung ihrer Angebote mithin auch
nicht auf Menschen zurückgreifen, die für ihren hospizlichen
Ansatz ausgebildet wurden. Hier stellt sich die vielleicht
größte Aufgabe für die Zukunft.
Während in den letzten 15 Jahren die Sicherung der Rahmenbedingungen
bei Veranstaltungen für junge Menschen mit
lebensverkürzender Erkrankung ein hohes Niveau erreicht
hat, muss es Anliegen der weiteren Entwicklung im Bildungsbereich
sein, auch auf inhaltlichem und methodischem Feld
ähnlich gute Voraussetzungen zu schaffen. Der Fortbildung interessierter
pädagogischer Fachkräfte und der Zusammenarbeit
mit Hochschulen kommt hierbei wachsende Bedeutung zu.
Ein wichtiger Impuls zur Qualifizierung der Bildungsarbeit
wird vom Erwartungshorizont der Seminarteilnehmenden
ausgehen. Auf dem Feld der Hospizarbeit ist die Erkenntnis,
welche Rolle der Bildung bei der Sicherung von Lebensqualität
zukommt, bei weitem noch nicht so verbreitet wie in anderen
gesellschaftlichen Bereichen. Die hospizliche Bildungsarbeit
hat bei den betroffenen Familien ihren Ausgangspunkt genommen;
sie werden es auch sein, von denen wesentliche Anstöße
zur Qualifizierung von Bildung erfolgen müssen.
Die Deutsche Kinderhospizakademie ist in quantitativer
Hinsicht an ihre Grenzen gelangt. Auch wenn in jedem Jahr
neue Angebote entwickelt werden, sind die Möglichkeiten zur
Ausweitung ihrer Bildungsangebote beschränkt. Deshalb muss
es gelingen, andere Bildungsträger von der Bedeutung einer
Bildung im Feld der Kinder- und Jugendhospizarbeit zu überzeugen,
so dass immer mehr Bildungsmöglichkeiten für die
Familien entstehen.
Die nächsten zehn Jahre der Deutschen Kinderhospizakademie
werden von dieser Aufgabe bestimmt sein: die fachliche
Qualität der Bildung zu sichern und gleichzeitig Motivator
für andere Einrichtungen zu werden. Mit der Gründung der
„Bundesarbeitsgemeinschaft der Kinderhospizakademien“,
die im Mai 2019 vollzogen wurde, wurde ein wichtiger Schritt
Richtung Zukunft getan. Nur gemeinsam wird es gelingen,
eine Bildung zu etablieren, die junge Menschen mit lebensverkürzender
Erkrankung und ihre Familien bei der Bewältigung
ihres Lebens unterstützen kann.
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Peter Wirtz und Nicole Nies