Gemeinsam Orientierung finden
Seminare für Familien
Heike Will | Bildungsreferentin Seminare für Familien, Geschwister und Eltern
Seit Bestehen der Deutschen Kinderhospizakademie ist die
Palette der Bildungsangebote für Familien stetig vielfältiger
und bunter geworden. Die Seminare verstehen sich allesamt
als Orte der Gemeinschaft, wo sich die Teilnehmenden
begegnen und austauschen können, wo sie miteinander und
voneinander lernen, aber auch gemeinsam weinen und lachen
können. Aus Kontakten entstehen so oft tragfähige Netzwerke,
die über das Familienseminar hinaus Unterstützung
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bieten.
„Zum Familienseminar zu kommen ist wie nach Hause zu
kommen“. Diese Ansicht einer Mutter teilen viele Familien,
die zum wiederholten Mal an einem Angebot teilnehmen. Und
für mich zählen diese Familientage zu den Sternstunden im
Hospizalltag. Die mehrtägigen Bildungsveranstaltungen bieten
allen Familienmitgliedern ganz unterschiedliche Möglichkeiten,
sich in einem organisierten Rahmen den Themen ihres
(Familien)Lebens anzunähern.
An den Vormittagen und Nachmittagen geben vielfältige
Workshopangebote Impulse, sich kreativ und erlebnis-
pädagogisch mit den Fragen der eigenen Lebenswirklichkeit
auseinanderzusetzen. Dabei nutzen die Teilnehmenden Im-
pulse, die sie aus der Auseinandersetzung mit Themen wie
Natur, Jahreszeiten, ferne Länder, Musik und Kunst erhalten —
um immer wieder Bezüge zur eigenen Biographie und zum
Familienleben zu entdecken und aufzu-
arbeiten. Die Möglichkeit, neue Erfahrungen
zu machen und Kenntnisse zu gewinnen,
verbindet sich hier mit der Reflexion der
eigenen Lebenswirklichkeit.
Die meisten Workshops richten sich an
bestimmte Zielgruppen. Eltern, Geschwister
und junge Menschen mit lebensverkürzender
Erkrankung sollen dadurch gesicherte Räume
finden, in denen sie offen und ohne „Zuschauer“
über ihre Lebensthemen sprechen können.
Hier können sie ihre persönlichen Wünsche,
Ängste und Erfahrungen austauschen und dabei
voneinander profitieren. Auch die
Gedanken und Gefühle im Zusammenhang mit
der eigenen Endlichkeit und dem möglichen
Sterben und Tod des Kindes, der Schwester,
des Bruders, finden hier Raum und können
miteinander geteilt und getragen werden.
Alle Angebote werden von fachlich qualifizierten
Workshopreferentinnen und -referenten
geleitet, die immer wieder auch aus der Gruppe der Eltern
kommen. Sie vermitteln Kenntnisse und Fähigkeiten, die
nicht selten unentdeckt gebliebene Anlagen zum Vorschein
bringen und für überraschende Selbsterfahrungen sorgen. Mit
pädagogisch gezielten Anregungen entdecken alle Beteiligten
verborgene Fähigkeiten und fühlen sich oft auch bestärkt, die
hier erworbenen Kompetenzen auch später im Alltag wirksam
werden zu lassen.
Seit einigen Jahren steht neben den zielgruppenzentrierten
Workshopangeboten jedem Familienmitglied auch ein integrativer
Workshop offen, der Möglichkeiten bietet, sich über
die Grenzen von Alter und Mobilität hinweg zu begegnen,
zusammen zu arbeiten und miteinander und voneinander
zu lernen. Hier stehen besonders musik-, kunst- und theater-
pädagogische Angebote auf dem Programm. Sie sind gut
geeignet, Kommunikation jenseits von Sprache zu ermög-
lichen und zu fördern.
Die Seminare stehen auch Familien offen, deren Kinder bereits
gestorben sind. So bleiben diese Teil der Gemeinschaft,
solange sie selbst es wollen. Im Eröffnungsplenum eines jeden
Familienseminars wird zuerst der gestorbenen Kinder gedacht
und eine besondere Kerze für sie angezündet. Dabei nutzen
die Familien gerne die Möglichkeit, Fotos ihrer gestorbenen
Kinder mitzubringen und ihnen einen Platz in der schön gestalteten
Mitte einzuräumen, die im Anschluss an die Begrüßungsrunde
in die Kapelle des Tagungshauses gebracht wird.
Diese Orte der Stille üben eine ganz besondere Atmosphäre
auf alle aus, die sie immer mal wieder aufsuchen, um dort